Potamonautes orbitospinus - Malawisee-Krabbe
Jetzt wird es wissenschaftlich. Die Malawisee-Krabbe gehört zur Klasse Crustacea (Krebse), Unterklasse Malocostraca, Überordnung Eucarida, Ordnung Decapoda (Zehnfußkrebse), Unterordnung Reptantia, Abteilung Brachyura (Echte Krabben). Diese Abteilung der "Kurzschwänze" (gr. brachys = kurz, oura = Schwanz) beinhaltet ca. 4550 Arten in verschiedenen Familien, eine davon ist die Familie Potmonidae, die Süßwasserkrabben, zu denen die Malawisee-Krabbe gehört. Der wissenschaftliche Name wird meistens mit Potamonautes orbitospinus angegeben, ganz gesichert ist dies aber nicht. Doch das kennen wir ja bereits von den ständigen Namenswechseln der Fische zur Genüge. Vertreter der Familie Potamonidae kommen in vielen Gegenden vor, so in Südamerika, in Seen Italiens und Griechenlands, im oberen Kongo sowie in Gebirgsbächen des Kaukasus. In feuchten Waldgebieten leben die Krabben teilweise amphibisch, einen längeren, teilweise tagelangen Aufenthalt außerhalb des Wassers ermöglichen ihnen die gut abgedichteten Kiemenhöhlen.
Weibchen haben eine breite, bis an die Beinansätze reichende Bauchklappe. Männchen haben nur eine schmale Bauchklappe
Nun zum anatomischen Aufbau. Der Körper besteht zum einen aus Kopf und Brustteil, dem Cephalothorax sowie dem darüber gewölbten Rückenpanzer, dem Carapax. An diesem Körper befinden sich zum einen insgesamt fünf Schreitbeinpaare (Peraeopoden), von denen das erste mit den Scheren besetzt ist, zum anderen der, jedoch verkümmerte, Hinterleib (Pleon). Dieser ist stets unter den Cephalothorax geschlagen und dient dem Weibchen nur noch zur Aufnahme der Brut. Hier ist er auch wesentlich breiter als bei den Männchen und dient somit als gutes Unterscheidungsmerkmal. Für die Fortbewegung wie z.B. beim Flußkrebs oder Hummer hat er keine Bedeutung mehr.
Am interessantesten finde ich immer wieder die Kopfregion. Die gestielten Facettenaugen sowie die beiden Antennen liegen rechts und links von der "Nase", dem Rostrum, in Vertiefungen, in die sie bei Gefahr hineingeklappt werden, um sie vor Beschädigungen zu schützen.
Unter dem Rostrum befindet sich eine anatomische Meisterleistung, das Mundwerkzeug. Dieses komplizierte Werkzeug wird von dem 3. Maxillen-Paar (Unterkiefer) wie durch zwei Tore geschützt, das aber auch zum Festhalten der Beute dient. Dahinter befindet sich in einem Mundvorraum das 1. und 2. Maxillen-Paar sowie die zu Kieferfüßen umgewandelten ersten Beinpaare. Diese zerkleinern die von den Scheren zuvor schon zerteilte Beute weiter und leiten sie einem Mandibel-Paar (Oberkiefer) zu, welches die Nahrung mit seiner kräftigen Kauleiste zermahlt und dem Kaumagen übergibt, welcher ein mit Chitinleisten besetzter Abschnitt des Vorderdarms ist.
Die Atmung geschieht über Kiemen, sogenannte Phyllobranchien. Sie sitzen beidseitig in der Nähe der Beinansätze in Kiemenhöhlen, die nach innen durch Körperwände und nach außen durch die Seiten des Carapax (Brachiostagthite) begrenzt sind. Hier befinden sich im Carapax Öffnungen, durch die mittels schaufelnder Bewegungen der Scaphognathiten (langgestreckte, blattförmige und leicht gebogene Platten an den Enden des 2. Maxillen-Paares), die in einer kleinen Kammer (Praebranchialkammer) im Mundvorraum liegen, ein Wasserstrom erzeugt wird, der die Kiemenhöhlen durchzieht und vorne nahe den Scherenbeinen wieder ausgestoßen wird. Darum haben Krabben außerhalb des Wassers auch manchmal Schaum vor dem Mund. Die "Atemöffnungen" im Carapax sind meist mit dichten Haarbüscheln versehen, um ein Eindringen von Fremdkörpern zu verhindern.
Daher sollte man Aufbauten so errichten, daß den Fischen stets ein Fluchtweg offen bleibt. Pflanzen wurden dagegen auch nach einwöchiger Hungerperiode nicht angefressen.
Allzu großen Wert auf seine Beckeneinrichtung sollte man nicht legen, die Krabbe schafft es ohne weiteres, tennisballgroße Steine zu bewegen, was sie auch gerne tut. Sie gräbt ständig im Kies herum, sodaß des öfteren schon mal Pflanzen ihres Haltes beraubt werden.
Da alle Potamonautiden wahre Kletterkünstler sind, sollte man darauf bedacht sein, das Becken immer gut abzudecken. Bei Uka Aquarienbau sind drei Tiere ausgebrochen, zwei der verdammt schnellen Flüchtlinge wurden wieder eingefangen, einer blieb bis heute verschwunden. Werden bei ähnlichen Aktionen oder innerartlichen Konflikten Extremitäten beschädigt, werden diese autamputiert. Innerhalb der nächsten Häutungen wachsen diese wieder nach. Ein verlorenes Bein ist daher nicht weiter schlimm.
Die Krabbe läßt sich mit Stinten, Seelachsfilet, Futtertabletten und dergleichen füttern, ebenso werden auch im Becken liegende, verendete Fische nicht verschmäht. Die Fütterung erfolgt bei mir täglich, z.B. wird ein Stint dazu auf einen langen Holzspieß gesteckt und der Krabbe gereicht. Schneckenfreund sollte man allerdings nicht sein, diese werden mit den sehr sensiblen, stachelartigen Füßen aufgespürt und mit den Scheren gnadenlos geknackt.
Gegenüber gesunden, lebenden Fischen verhält sich die Krabbe in allgemeinen friedlich, auch wenn sie manchmal nach ihnen schnappt, was jedoch eher eine Drohgebärde darstellen dürfte (Heben und Spreizen der Scheren). Kranke, schwache oder in die Enge getriebene Tiere greift sie an und verspeist sie. Ich habe auf diese Weise einen in die Enge getriebenen Protomelas steveni und einen Ancistrus hoplogenys verloren.
Die Krabben sollten nur einzeln oder paarweise gehalten werden, da es bei gleichgeschlechtlichen Tieren zu heftigen Kämpfen kommen kann.
Die Fortpflanzung konnte ich bisher noch nicht beobachten, da ich noch keine männliche Potamonautes auftreiben konnte. Sie soll jedoch folgendermaßen ablaufen. Die Kopulation erfolgt nur bei einem frisch gehäuteten Weibchen. Dieses wird vom Männchen auf den Rücken gedreht, worauf das Weibchen sein Pleon ausklappt und über das Männchen legt. Das Pleon des Männchen, auch Petasma genannt, ist nicht durchgehend segmentiert, die ersten Teilringe (Pleopoden) sind starr. Diese werden in die Geschlechtsöffnung des Weibchens eingeführt und ein Spermienpaket abgelegt. Der ganze Kopulationsakt kann mehrere Tage dauern, danach findet das Ablaichen statt. Die Eier werden von dem Weibchen mit einem Sekret an die Innenseite ihres Pleons geheftet und dort ausgebrütet.
Die Pflege von Potamonautes orbitospinus stellt sich als recht unproblematisch dar, solange man einige Punkte beherzigt.
Bildergalerie

Urheber: Gregor Hoepfner

Urheber: Gregor Hoepfner
6 Kommentare
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03.02.2018 gepostet von Raphael Helmreich
Hallo,
Ich suche schon lange Zeit nach der Blauen Malawikrabbe. Zu mir hieß es die hätten einfuhrverbot.
Haben sie noch welche würde mich mega freuen und meine Suche endet endlich.
Lg Raphael Helmreich - Kommentar-Link
02.10.2017 gepostet von Kai Steenbock
Cool ich hab großes Interesse an Malawikrabben hab schon mal eine gehabt und bin jetz wieder auf der Suche.
Würde mich auf ne Antwort freuen
Mit freundlichen Grüßen Kai - Kommentar-Link
14.09.2017 gepostet von Chris Schmidt
Sehr interessanter Beitrag, leider sind die Krabben sehr schwer zu bekommen. Suche diese schon ewig nur findet man kaum jemanden der diese hat.
Gruß Chris
Falls jemand einen Händler oder Züchter kennt kann er mir gern die Mail Adresse zukommen lassen.
Meine lautet chris.schmidt@live.de - Kommentar-Link
16.08.2017 gepostet von Demir Özgür
Hallo Gregor Hoepfner, könntest du mir bitte deine E-Mail Adresse geben. Hätte bezüglich den Krabben paar Fragen. Lg Demir
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25.07.2017 gepostet von Dani
@Gregor Hoepfner
Nachdem meine letzte Malawikrabbe nach einer Häutung zu stark attackiert wurde und einging, möchte ich mir wieder eine zulegen.
Dürfte ich nach den Kontaktdaten fragen, falls du von deinem Wurf Jungtiere verkaufst?
Gruss Dani (d-art@gmx.net) - Kommentar-Link
24.06.2017 gepostet von Gregor Hoepfner
Ich züchte die Tiere und habe gerade einen Wurf Jungtiere und kann eigentlich sehr viel zu den Tieren sagen, was bisher noch nicht geschrieben wurde, einiges korrigieren was falsch ist und auch einige Bilder zu dem Thema beisteuern.
Die Erwachsene Weibchen verbringen ab der Geschlechtsreife mehr Zeit an Land als im Wasser (dies wird biser in den Texten der Aquarien-Bücher und Web-Seiten nicht korret beschrieben), was sie zu keinen so attraktiven Aquarienbewohnern macht. Dies erklärt auch warum es keine Männchen im Handel gab, denn ich bin mir sicher, dass bei den Wildfängen der Fang an Land stattfand. Die geschlechtsreifen Weibchen suchen sie sich eine Ecke, in der sie die optimalen Brutbedingungen vorfinden: Also ein Ort an den sie vor Freßfeinden und der Sonne geschütz sind, nah am Wasser, etwas feucht aber an Land. Haben sie eine solche Stelle und die Brut unter dem Pleon, so sitzen sie ohne sich groß zu bewegen oder ohne zu fressen ca 2-3 Monate auf der Stelle und machen fast nix. Ab und zu steigen sie ins Wasser und "Waschen" ihre Brut damit die avitalen Eier bzw. avitalen Minikrabben die vitalen nicht mit Fäulnis schädigen. Das sieht ähnlich aus wie die Fellpflege eines Säugetiers oder die Reinigung des Gefieders bei einem Vogel, also die Krabbe steigt ins Waser und mit der Spitzen der Scheren reinigt sie die Brut. Der Monent der FReigabe der Jungtiere sieht auch schön aus: Ähnlich wie Frau Holle die Federbetten ausfüttelt, schüttelet das Muttertier ihr Pleon unter Wasser bis die Jungtiere alle herausgefallen sind. Leider fehlt mir aktuell die Zeit alles über die Krabben zu schreiben, was ich weiß, aber langfristig bin ich sehr motiviert einen Artikel zu schrieben, der das aktuelle Wissen ergänzt und teilweise auch korrigiert.
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